Narni – Ponte d’Augusto


Wenn man bei Orte die Regionsgrenze des Latium nach Umbrien überquert, kommt man in das Tal des Nera, der sich ein tiefes malerisches Tal in die Kalkfelsen gegraben hat. Malerische kleine Dörfer wie Stifone drängen sich an die steilen Ufer. Kurz vor Narni erreicht man ein eindrucksvolles Monument aus der Zeit von Kaiser August, den sogenannten Ponte d’Augusto.

Gaius Flaminius, römischer Zensor, ließ im Jahr 220 v. Chr. die nach ihm benannte Via Flaminia anlegen. Sie überquerte den Appenin und erreichte Rimini das die Römer kurz zuvor von den Kelten abgenommen hatten. Wie wichtig diese Straße war, zeigte sich als Augustus die Zuständigkeit für die Straßen auf dem italienischen Stiefel an die Senatoren verteilte. Nur die Via Flaminia behielt er in der eigenen Verantwortung. Er startete ein riesiges Bauprogramm und ließ sämtliche Brücke erneuern. Wir wissen nicht wie die Via Flaminia zuvor bei Narni den Nera überquerte, doch die neue Brücke, die um das Jahr 27 v. Chr. fertiggestellt wurde war ein bautechnisches Meisterwerk. Mit vier Bögen überspannte, das in etwa 150 Meter lange Bauwerk, die tiefe Schlucht. Der größte Bogen hatte eine Spannweite von 32 Metern und eine lichte Höhe von mindestens 30 Metern. Fortan überquerten die Händler mit ihren Ochsenkarren aber auch die Legionäre auf dem Weg in den Balkan bequem die Schlucht. Doch mit dem Untergang des Römischen Reichs erleichterte die Brücke auch den Barbaren den Weg zur Plünderung nach Rom. Der Nutzen kehrte sich ins Gegenteil.

Den ersten heftigen Schlag erhielt die Brücke wohl bei einem Erdbeben 847 auch wenn über die genauen Schäden nichts bekannt ist. Bei einem schweren Hochwasser 1053 wurde wohl ein Pfeiler unterspült und stürzte um. Nun war die Brücke unbrauchbar und die Reisenden mussten wieder mühsam die Uferwände erklimmen. Bald wurde die Via Flaminia, die nun keine stolze Römerstraße mehr war, weiter nach Osten verlegt. Der dritte Pfeiler stürzte schließlich 1855 in sich zusammen. Der französische Maler Jean-Baptiste-Camille Corot hatte zuvor noch das romantische Landschaftsbild gemalt, das heute im Louvre hängt. So erlebt man das Tal heute nicht mehr, ist doch die Stadt Narni inzwischen bis zur Brücke gewachsen. Auch hat der Ponte d’Augusto einen modernen Nachfolger aus Stahlbeton bekommen, von dem man jedoch auch einen herrlichen Blick auf die antiken Reste hat. Der letzte Brückenbogen wurde inzwischen restauriert und die Travertinblöcke leuchten in blendenem Elfenbeinweiss. Dieser Bogen gibt heute noch einen Eindruck von diesem gigantischen Bauwerk. Erst im 19. Jahrhundert war man wieder in der Lage solche Verkehrsbauwerke zu errichten. Goethe kam auf seiner Italienischen Reise natürlich auch am Ponte d’Augusto vorbei. Doch notierte er in sein Tagebuch: „…nach Narni kamen wir hinauf, ehe es Tag war, und so habe ich die Brücke nicht gesehen,“ Wenigstens habe ich dies dem Herrn Geheimrat vorraus.

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