Bocca della Verità – der Wahrheitsmund

Überall in Rom trifft man noch auf die Geister und Götter der alten Römer. So findet man in der Vorhalle der Kirche Santa Maria in Cosmedin eine große runde Marmorscheibe von der uns ein unheimlicher, bärtiger Kopf aus leeren Augen anglotzt. Die Legende sagt, dass er jedem Lügner, der es wagt seine Hand in den…

Überall in Rom trifft man noch auf die Geister und Götter der alten Römer. So findet man in der Vorhalle der Kirche Santa Maria in Cosmedin eine große runde Marmorscheibe von der uns ein unheimlicher, bärtiger Kopf aus leeren Augen anglotzt. Die Legende sagt, dass er jedem Lügner, der es wagt seine Hand in den offenen Mund zu stecken, diese augenblicklich abbeißen würde.

Auch wenn dieses Relief zu den bekanntesten antiken Kunstwerken in Rom gehört, ist es bis heute rätselhaft. Wen mag es darstellen. Es gibt von Historikern und Archäologen verschiedene Theorien. Möglicherweise ist es Okeanus, der Gott des Ozeans. Oder doch eher Faunus der bocksbeinige Gott der Wälder? Schließlich kann man im wilden Haar etwas wie zwei Hörner erkennen. Diese könnten aber auch ein Hinweis auf Jupiter Ammon sein. Im römischen Ägypten verband sich der römische Göttervater mit dem altägyptischen Fruchtbarkeitsgott, der mit Widderhörnern dargestellt wurde und auch in Rom verehrt wurde.

Genauso wissen wir nicht genau welchen Zweck der Stein hatte. Wenn man sich die Oberfläche genau anschaut merkt man jedoch, dass er auf dem Boden gelegen haben muss. Die Abnutzung lässt darauf schließen, dass Jahrhunderte lang Menschen darüber gelaufen sind. Die fünf Löcher von Mund, Nase und Augen liegen alle an der tiefsten Stelle und waren wohl Wasserabläufe. Vielleicht über der nahen Cloaca Maxima, also ganz banal ein Gullideckel, oder war es doch ein Ablauf in einem Tempel mit offenem Dach, ähnlich wie dem Pantheon? Das Material ist Pavonazzetto-Marmor, ein Stein der aus Zentralanatolien eingeführt wurde. Zu wertvoll für einen einfachen Gullideckel?

Das unheimliche Relief wurde 1485 erstmals in der Nähe seines heutigen Ortes erwähnt. 1632 lässt Papst Urban VIII. es schließlich an seinen heutigen Ort, in der Kirchenvorhalle, bringen.

Von der Legende wird jedoch schon im 12. Jahrhundert berichtet. Im Mittelalter war der Steinkopf ein beliebter Lügendetektor. Hin und wieder wurde auch nachgeholfen in dem man einen Henker mit Schwert hinter die Marmorscheibe stellte. Es wird erzählt, dass einst eine Färbersfrau von ihrem eifersüchtigen Gatten zum Wahrheitsmund geschleppt wurde um sie zur Beichte ihrer Untreue zu bewegen. Sie hatte jedoch ihren Liebhaber auch zum Termin bestellt. Dieser mimte einen Betrunkenen, rempelte das Paar auf dem Weg an und umarmte die Frau linkisch. Selbige konnte nun guten Gewissens feststellen, dass sie, den Narren eben ausgenommen, nie einen fremden Mann berührt habe. Der Wahrheitsmund nahm diese List krumm und soll seither nicht mehr funktioniert haben.

Eine wichtige Rolle spielte die Bocca della Verità in dem schönen Film ein „Herz und eine Krone“, in dem sich Audrey Hepburn und Gregory Peck gegenseitig der Lügenprobe stellen. Aber auch in einem bekannten japanischen Animefilm hat der Stein eine tragende Rolle, was dazu führt, dass vor allem Touristen aus Fernost Schlange stehen um sich beim Handhineinstecken zu fotografieren. Neulich hat ein Gericht bestätigt, dass die Kirchengemeinde 50 Cent pro Foto verlangen darf. Wem das Erinnerungsfoto weniger wichtig ist, sieht die Bocca della Verità auch gut von der Seite an der Straße. Keiner sollte jedoch versäumen die wunderschöne Kirche Santa Maria in Cosmedin zu besichtigen. Tipp: an der Eingangstür rechts gibt es keine Schlange.

Links: Private Seite über die Bocca della Verità, Seite mit vielen Fotos

siehe auch Santa Maria in Cosmedin, Tempel des Portunus

Santa Maria in Cosmedin
Audrey Hepburn und Gregory Peck am Wahrheitsmund
Foto an der Bocca della Verità
vor dem Wahrheitsmund

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