Der Heilige Sebastian an der Via Appia

Die Basilika San Sebastiano an der Via Appia kann sicher nicht mit Pracht und Glanz der bedeutendsten Barockkirchen Roms konkurrieren. Der Innenraum ist eher schlicht und klar gehalten. Doch es lohnt, sich etwas genauer umzuschauen, dann findet man einige sehr interessante Kunstwerke. Wenden wir uns nach dem Eintritt in die Kirche nach links treffen wir…

Der Heilige Sebastian von Giorgetti

Die Basilika San Sebastiano an der Via Appia kann sicher nicht mit Pracht und Glanz der bedeutendsten Barockkirchen Roms konkurrieren. Der Innenraum ist eher schlicht und klar gehalten. Doch es lohnt, sich etwas genauer umzuschauen, dann findet man einige sehr interessante Kunstwerke. Wenden wir uns nach dem Eintritt in die Kirche nach links treffen wir auf die Kapelle, die dem Patron, dem Heiligen Sebastian gewidmet ist. Sie wurde 1672 von Kardinal Francesco Barberini, Neffe von Papst Urban VIII, in Auftrag gegeben und von dem römischen Künstler Ciro Ferri ausgeführt. Von Kardinal Barberini ist bekannt, dass er als Richter am Prozess gegen Galileo Galilei teilnahm und zur Minderheit derer gehörte, die sich für die Freilassung des Astronomen einsetzte. Die Kapelle befindet sich exakt über dem ursprünglichen Grab des Märtyrers in der darunter liegenden Katakombe. Barberini ließ die Urne mit den Resten des Heiligen in den barocken Altar einschließen. Die Krypta des Sebastian darunter, die bis dahin offen von der Kirche zugänglich war, wurde bereits 60 Jahre zuvor geschlossen und ist nur noch über die Katakombe zu erreichen.

Barberini Faun in der Münchner Glyptothek

Ins Auge fällt jedoch die außergewöhnliche Marmorskulptur in einer Nische unter dem Altar. Sie stellt den Hauptmann Sebastian in dem Moment dar, in dem er von den Pfeilen seiner eigenen Legionäre getroffen, schwer verletzt am Boden liegt. Lange wurde die Skulptur Antonio Giorgetti zugeschrieben, bis die englische Kunsthistorikerin Jennifer Montagu nachwies, dass dessen Bruder Giuseppe Giorgetti der Schöpfer war. Giuseppe stand lange im Schatten seines Bruders Antonio. Er unterstützte ihn bei der Herstellung des Engels mit dem Schwamm auf der Engelsbrücke und anderen Arbeiten. Als Antonio Giorgetti 1669 mit nur 34 Jahren starb, übernahm Giuseppe dessen Werkstatt und Aufträge. Er war eng mit der Familie Barberini verbunden, für die er unter anderem antike Statuen restaurierte. Die berühmteste war der Barberinische Faun, der sich heute in der Münchner Glyptothek befindet. Die hellenistische Skulptur aus der zweiten Hälfte des 3. Jhd. vor Christus wurde in den 1620er Jahren bei Festungsarbeiten bei der Engelsburg gefunden und kam in den Besitz der Familie Barberini. Erst 1679 ergänzte Giorgetti die fehlenden Teile aus Gips. Auch wenn seine Sebastianskulptur bereits sieben Jahre vorher entstand, ist davon auszugehen, dass er den Faun schon zuvor kannte und studiert hat, denn eine Ähnlichkeit ist augenfällig. Der antike Faun schläft volltrunken auf einem Leopardenfell, das über einen Felsen gebreitet wurde und zeigt dabei ungeniert seine intimsten Teile. Auch beim Sebastian wird der muskulöse nackte Körper betont, auch wenn die letzte Blöße durch ein, wie zufällig gefallenes Tuch bedeckt wird.

Während im Mittelalter der Sebastian noch als Krieger bekleidet und mit Bart dargestellt wurde, erscheint er ab der Renaissance in der Kunst als fast nackter Jüngling und wurde quasi zur Ausrede für die Darstellung erotischer Männerkörper. Doch Giorgetti wählte nicht die übliche Darstellung des an einen Baum gebundenen und beschossenen Märtyrers, wie wir ihn auch an der Decke der Basilika sehen, sondern er geht chronologisch weiter. Sein Sebastian ist bereits zu Boden gefallen und hat den Kopf auf seine Rüstung gebettet. Er greift sich an die Brust und scheint in diesem Moment das Bewusstsein zu verlieren. Auch der Faun scheint im Moment des Einschlafens abgebildet zu sein. Während der linke Arm schlaff herab hängt, steht der rechte noch unter Spannung. Genauso zeigt die Haltung des rechten Beins des Sebastian und die den Stoff haltende linke Hand, dass noch Leben in seinem Körper ist. Das Gesicht des Sebastian ist weicher gezeichnet als das des Fauns. Vielleicht wollte Giorgetti ihm doch ein männlicheres Aussehen verleihen und hat ihm daher einen Backenbart gegeben. Schließlich soll er ja Hauptmann gewesen sein. Fast deplatziert wirken die in die Skulptur hineingesteckten drei vergoldeten Pfeile.

Die Giorgetti-Brüder waren Schüler Berninis, dessen Einfluss spürbar ist. Es wird diskutiert ob womöglich die Vorlage für die Skulptur von Bernini selbst stammt. Sicher ist auch, dass sich Bernini ab den 1630er Jahren mit dem Faun beschäftigt hat.

Laut der Legende sollte Sebastian wegen seines christlichen Glaubens durch Pfeilbeschuss getötet werden, überlebte dies aber. Der für tot gehaltene und liegengelassene Körper wurde von der Witwe Irene gefunden, die den jungen Mann gesund pflegte. Doch kaum wieder auf den Beinen zeigte er sich dem Kaiser auf den Stufen des Sonnentempels und wurde schließlich an Ort und Stelle erschlagen.

Quellen: Treccani zu Giorgetti, Ökumenisches Heiligenlexikon, Alpha zum Faun

Der Heilige Sebastian von Giorgetti
Basilica San Sebastiano fuori le mura an der Via Appia Antica

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