Rast auf der Flucht nach Ägypten

Caravaggio in der Galleria Doria Pamphilj. Wer in Rom ein Museum besuchen möchte, von dem heillosen Gedrängel in den Vatikanischen Museen aber abgeschreckt ist, der bekommt eine gute Nachricht. Es gibt in Rom, wie in kaum einer anderen Stadt, eine riesige Auswahl an Museen und Galerien. Gehen wir heute in die Galleria Doria Pamphilj und…

Rast auf der Flucht nach Ägypten, Detail

Caravaggio in der Galleria Doria Pamphilj.

Wer in Rom ein Museum besuchen möchte, von dem heillosen Gedrängel in den Vatikanischen Museen aber abgeschreckt ist, der bekommt eine gute Nachricht. Es gibt in Rom, wie in kaum einer anderen Stadt, eine riesige Auswahl an Museen und Galerien. Gehen wir heute in die Galleria Doria Pamphilj und besuchen den wichtigsten Barockmaler der Stadt. Caravaggio.

Flur in der Galleria Doria Pamphilj

Michelangelo Merisi da Caravaggio

Michelangelo Merisi, der nach dem Herkunftsort seiner Familie meist einfach Caravaggio genannt wird, kam 1592 nach Rom um zuerst in der Werkstatt des Giuseppe Cesari zu arbeiten. Bereits zwei Jahre später machte er sich mit der Hilfe seines Malerkollegen Prospero Orsi selbstständig und bekam, wohl durch ihn vermittelt, seinen ersten größeren Auftrag. Der stellvertretende Kämmerer des Papstes Gerolamo Vittrici erwarb von Caravaggio drei Bilder. Zwei davon hängen heute in der Galleria Doria Pamphilj. Für das dritte, die Handleserin, müssten wir uns in den Louvre nach Paris bemühen. Das Bild schenkte Camillo Pamphilj dem französischen König Ludwig XIV.

Im Palazzo Doria Pamphilj verblieben Maria Magdalena und die Heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten zu dem sich Johannes der Täufer als ziemlich schamloser Teenager gesellte.

Rast auf der Flucht nach Ägypten, Caravaggio 1594, für größere Auflösung klicken

Rast auf der Flucht nach Ägypten

Das zentrale Bild „Rast auf der Flucht nach Ägypten“, das als einziges Landschaftsbild des Künstlers gilt, ist für mich eines der interessantesten Werke. Es ist das erste von ihm mit sakralem Thema. Während Caravaggio sich bei den meisten anderen seiner Bilder nicht für den Hintergrund interessierte und dem Betrachter nur eine meist braune Wand zeigt, setzte er hier seine Figuren in eine sehr detailgetreue Landschaft, auch wenn diese der Heiligen Familie in dieser Form wohl kaum zwischen Palästina und dem Nil begegnet wäre. Die Flucht der Kleinfamilie vor dem Kindermord Herodes wurde gerne für Landschaftsbilder genutzt, wie man sich in anderen Sälen der Galleria Doria Pamphilj überzeugen kann. Doch Caravaggio wählte ein ganz neues Sujet, das man so nicht im Matthäus-Evangelium findet. Die Familie wird bei einer Rast gezeigt, ganz entspannt und gelöst. Maria und Joseph wirken nicht im Geringsten wie Eltern, die auf der Flucht vor den Mördern ihres Sohnes sind. Maria schläft mit dem Jesuskind auf dem Schoß und vermittelt ein Bild völliger Friedfertigkeit. Beider Gesichter werden von einem Lichtstrahl getroffen und so der Blick auf sie gelenkt, auch wenn Caravaggio das Licht weit weniger spektakulär einsetzt wie bei seinen späteren Bildern. Das Mädchen, das für die Maria Modell gesessen hat, scheint übrigens identisch mit der Magdalena zu sein, die direkt daneben hängt.

Rast auf der Flucht nach Ägypten, Detail

Geigenkonzert eines Engels

Der agierende ist überraschenderweise der alte Joseph, der auf dem Gepäck sitzend einem vor ihm stehenden Engel quasi als Notenständer dient, der ein kleines Geigenkonzert gibt. Joseph legt etwas verlegen die Füße übereinander. Der Engel wird hervorgehoben, da er voll im Licht steht und noch durch das um ihn flatternde, weiße Tuch heller wirkt. Manche Betrachter weisen darauf hin, dass das Himmelswesen zwar für den Bildbetrachter verhüllt ist, für Joseph aber fast völlig nackt erscheint. Er wird Teil einer ganz realistischen Situation, als gäbe es nichts Alltäglicheres, als dass ein Engel zu einem Picknick stößt, dem Familienvater seine Noten in die Hand drückt und zu geigen beginnt. Wobei natürlich Geige, die Kleidung von Maria selbst die Korbflasche unten links in die Zeit Caravaggios und nicht der Bibel gehören. Also doch eher eine seltsame Begegnung bei einer Landpartie des 16. Jahrhunderts als eine biblische Geschichte? Den Interpretationen ist weiter Raum gegeben.

Rast auf der Flucht nach Ägypten, Detail

Das Stück auf dem Notenblatt ist klar zu identifizieren. Es handelt sich um die Motette „Quam pulchra es“ des flämischen Komponisten Noel Bauldeweyn, die Maria gewidmet ist und mit den Worten „Quam pulchra es = Wie schon sie ist“ beginnt.

Weitere Geschichte

Mitte des 17. Jahrhunderts kaufte Olimpia Maidalchini, die Schwägerin des Papstes Innozenz X. aus der Familie Pamphilj die drei Werke Caravaggio der Familie Vittrici ab. Ihr Sohn Camillo schenkte die Handleserin dem französischen König Ludwig XIV. Neben der „Rast auf der Flucht nach Ägypten“ hängt „Johannes der Täufer“, der allgemein heute als Kopie des praktisch identischen Johannes von Caravaggio in den Kapitolinischen Museen von einem nicht bekannten Maler angesehen wird.

Quellen: Sybille Ebert-Schifferer, Caravaggio: Sehen – Staunen – Glauben, Beck-Verlag 2019, Galleria Doria Pamphilj, Homepage

Die drei Caravaggios in der Galleria Doria Pamphilj
Die reuige Maria Magdalena, Caravaggio, 1594 – 95
Innenhof des Palazzo Doria Pamphilj in der Via del Corso in Rom

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