
Die meisten Touristen, die von der Fontana di Trevi zur Spanischen Treppe ziehen gehen an dieser Kirche achtlos vorbei. Doch man sollte zumindest einmal den Blick heben um das beeindruckende Ensemble von Sant’Andrea delle Fratte mit dem schönen Glockenturm, dass sich über den Dächern Roms erhebt zu betrachten
Wir wollen in der Kirche heute das Grab einer außergewöhnlichen Malerin besuchen. Angelika Kauffmann aus Schwarzenberg in Vorarlberg, die 1807 in Rom starb.

Borrominis Neubau
Sant’Andrea delle Fratte gehört zu den alten frühchristlichen Kirchen Roms. Doch gab der Marchese Paolo del Bufalo im 17. Jahrhundert einen barocken Neubau in Auftrag. 1653 bis 1667 errichtete Francesco Borromini das Querschiff neu und bekrönte die Kuppel mit einem Tambour der, wie er es so gerne tat, komplett gegen den Strich gebürstet wurde. Dieses Bauteil, das eigentlich nur die Aufgabe hat die Kuppel zu schließen und etwas Licht von oben in die Kirche zu lassen wird durch Borromini zum wichtigsten Teil der Kirche. Mit seinen Vor- und Rückschwüngen, den konkaven und konvexen Formen bringt er die Kirche zum rocken. Und alles ausgeführt im billigen Ziegel. Lediglich der kleine Glockenturm, der die Formideen nochmals aufnimmt, wurde in Marmor ausgeführt. Auf dessen Spitze stehen vier Voluten, die, als wären sie irgendwo übriggeblieben, von Borromini auf den Kopf gestellt arrangiert wurden.
Im Inneren treffen wir auf Borrominis Widersacher Gian Lorenzo Bernini, bzw. dessen Engel. Zwei der Engel, die eigentlich für die Engelsbrücke bestimmt waren. Sie flankieren den Altar. Papst Clemens IX. soll sie jedoch als zu schön empfunden haben, um sie den Witterungseinflüssen auszusetzen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass er die Engel in seine Heimatstadt Pistoia bringen lassen wollte. Nach seinem Tod blieben sie im nahegelegenen Palazzo Rospigliosi und gelangten schließlich nach Sant’Andrea delle Fratte. Die Engel, die heute auf der Brücke stehen, sind Kopien von Paolo Naldini.

Das Grab von Angelika Kauffmann
An einem Pfeiler am linken Seitenausgang erinnern zwei Tafeln an ein prominentes Ehepaar. Das obere Epitaph mit Porträt ist dem Maler Antonio Zucchi gewidmet. Doch eigentlich war er nur der Manager seiner viel bedeutenderen Frau Angelika Kauffmann, deren schlichte Grabplatte darunter angebracht ist. Der lateinische Text besagt, dass sie würdig gewesen wäre im Pantheon bestattet zu werden, Doch entschied sie sich, an der Seite ihres Ehemanns zu ruhen. Angelika Kauffmann wurde als Tochter des Malers Joseph Johann Kauffmann 1741 in Chur geboren, wo dieser gerade einen Auftrag am bischöflichen Schloss ausführte. Doch ihr Heimatort ist eigentlich Schwarzenberg im Bregenzerwald, dem Dorf, dem sie immer verbunden blieb. Dort schuf sie auch ihr erstes öffentliches Kunstwerk. Im zarten Alter von 15 Jahren malte sie die Fresken der 12 Apostel an die Seitenwand der Dorfkirche, während ihr Vater das Deckenfresko schuf. 1802, auf dem Weg von London nach Rom machte sie hier nochmals Station und malte das Altarbild. Es blieben ihre einzigen Werke, die sie auf österreichischem Boden schuf. Dennoch wurde ihr Bildnis auf dem zwischen 1966 und 1983 ausgegebenen Hundert-Schilling-Schein verewigt.

Ein Leben auf Achse
Mit ihrem Vater bereiste sie halb Europa und ihr frühes Talent wurde anerkannt. 1762 wurde sie in die Accademia Clementina in Bologna aufgenommen und drei Jahre später in die Accademia di San Luca in Rom. Sie spezialisierte sich auf Porträts, insbesondere von deutschen und englischen Italienreisenden. Auf Anraten ihrer Kundin Lady Wentworth übersiedelten Tochter und Vater 1766 nach London. Sie lernte dort den Maler Joshua Reynolds kennen. Beide malten sich gegenseitig. Er blieb ihr Förderer, obwohl sie seinen Heiratsantrag ablehnte. Dass sie stattdessen den schwedischen Grafen Frederick de Horn heiratete, erwies sich als schwerwiegender Fehlgriff, den der Skandinavier verschwand, kurze Zeit später mit ihrem Vermögen.
Doch ihre Karriere war unaufhaltsam. Angelika wurde Gründungsmitglied der Royal Academy und ihr zweiter Mann, der viel ältere Italiener Antonio Zucchi, diesmal vom Vater ausgewählt, erwies sich als bessere Partie. Er wurde nicht nur zu ihrer großen Liebe, sondern auch zu ihrem Manager und gab dafür seine eigene Tätigkeit als Maler auf. Das Paar übersiedelte in die Via Sistina in Rom. Ihr Haus wurde schnell zum Treffpunkt der europäischen Künstler. Aber auch Adelige wie Anna Amalia von Sachsen-Weimar, selbst Kaiser Joseph II. waren dort zu Gast.

Ein Weib mit ungeheurem Talent
Angelika Kauffmann fertigte zahllose Porträts in meist bemerkenswerter Lebendigkeit. Unter anderem saß die gesamte königliche Familie von Neapel Modell. Daneben malte sie Szenen aus der antiken Mythologie.
1787 war Goethe mehrmals Gast im Kauffmannschen Haus. Er schrieb etwas gönnerisch in seinem Reisetagebuch „Sie hat ein unglaubliches und als Weib wirklich ungeheures Talent.“ Doch das Bildnis, das sie von ihm malte, mochte ihm trotzdem nicht gefallen. Er bemerkte: „Es ist immer ein hübscher Bursche, jedoch keine Spur von mir.“ Doch vielleicht war er einfach zu gut getroffen. Goethe als netter junger Mann und nicht als heroischer Dichterfürst wie er sich gerne sah. Tischbein tat ihm den Gefallen und malte ihn in dramatischer Pose an der Via Appia.
Quellen: Angelika Kauffmann Museum, Schwarzenberg, Vorarlberg Museum, Maria Celeste Cola in Roma Sacra, 5. Itenerario, 1996




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