Daniele da Volterra – Versuch einer Ehrenrettung.

Daniele Ricciarelli ist besser bekannt unter dem Namen seines Geburtsortes in der Toskana: Daniele da Volterra. Aber noch besser als „Il Braghettone“, was auf Deutsch mit Hosenmaler übersetzt wird. Diesen Namen bekam er dank eines recht zweifelhaften Auftrags. Da Volterra begann seine Karriere in Rom als Gehilfe von Michelangelo, der ihn bei seiner Karriere tatkräftig…

Santissima Trinità dei Monti

Daniele Ricciarelli ist besser bekannt unter dem Namen seines Geburtsortes in der Toskana: Daniele da Volterra. Aber noch besser als „Il Braghettone“, was auf Deutsch mit Hosenmaler übersetzt wird. Diesen Namen bekam er dank eines recht zweifelhaften Auftrags.

Da Volterra begann seine Karriere in Rom als Gehilfe von Michelangelo, der ihn bei seiner Karriere tatkräftig unterstützte. Der Meister erreichte sogar, dass ihn Papst Paul III. als Verwalter der Kulturgüter des Vatikans anstellte. Da Volterra unterstützte Michelangelo bei der Fertigstellung seines vielleicht wichtigsten Gemäldes, dem Jüngsten Gericht in der Sixtinischen Kapelle.

Nicolas de Larmessin; Daniele Ricciarelli da Volterra, 1682

Doch unter dem nächsten Paul auf dem Heiligen Stuhl wehte ein anderer Wind. Paul IV. verfolgte alles unerbittlich, was nach seiner Meinung der reinen Kirchenlehre widersprach. Juden und Protestanten mussten um ihr Leben fürchten. Dem Kirchenvater war ein besonderer Dorn im Auge das Fresko von Michelangelo, denn dieser hatte, ganz dem antiken Kunstideal und sicher auch seinem Geschmack verpflichtend alle Heiligen, ja selbst Jesus splitternackt gemalt. Einer Anklage vor der Inquisition entkam der Künstler nur Dank des Todes des Papstes.

Dessen Nachfolger, Pius IV, war kompromissbereiter. Einen Monat vor dem Tod Michelangelos, im Januar 1564, beschloss auf seine Initiative jedoch das Trentiner Konzil ein Verbot der Nacktheit in der Kunst. Fast eine Gnade, dass Michelangelo nicht mehr erfuhr, dass sein Zögling Daniele da Volterra, er kannte das Fresko nach dem Meister am besten, den päpstlichen Auftrag zum Übermalen aller Genitalien bekam. Und so wird da Volterra wohl für alle Zeiten in der Kunstgeschichte mit dem Zusatz Il Braghettone, der Hosenmaler versehen bleiben.

Cappella Rovere

Santissima Trinità dei Monti

Doch Daniele Ricciarelli konnte weit mehr als nur kleine Tüchlein malen. Ich empfehle allen Touristen, die die Spanische Treppe in Rom erklimmen, einen Blick in die Kirche an ihrer Spitze, Santissima Trinità die Monti zu werfen. Die Kirche zu Ehren der Dreifaltigkeit wurde auf Initiative des Königs Ludwig XII. erbaut. Noch heute findet der Gottesdienst in französischer Sprache statt. In den 14 Kapellen findet man hervorragende Kunstwerke aus 4 Jahrhunderten.

Maria Himmelfahrt, Detail

Cappella della Rovere

Da Volterra hat die dritte Kapelle auf der rechten Seite 1548 bis 1550 im Auftrag von Lucrezia della Rovere komplett mit Szenen aus dem Leben Marias ausgemalt. An den zwei Seitenwänden hat er eine eigentümliche Wahl für die Motive getroffen. Auf der rechten Seite der Tempelgang Mariens und auf der linken der Kindermord in Bethlehem, eine Folge der Geburt Mariens Sohn. Beide Gemälde werden von einer großen Treppe dominiert. Während links tote Säuglinge auf den Stufen liegen, erklimmt rechts Maria, als tapferes kleines Mädchen im weißen Kleid die Stiege zum Tempel. An der Stirnwand entschwebt die Jungfrau auf einer von Engeln umtanzten Wolke durch einen offenen Säulentempel zum Erstaunen der Apostel gen Himmel. Nur im Vordergrund ist Petrus mit einem jungen Mann, vielleicht Johannes, ins Gespräch vertieft. Beide scheinen das Geschehen nicht zu bemerken. Sie beugen sich geradezu aus dem Bild heraus. Der junge Mann ist möglicherweise ein Selbstbildnis Danieles.

Kreuzabnahme, Detail, ganzes Bild klicken

Die Kreuzabnahme

Gegenüber in der zweiten Kapelle links, der Cappella Bonfil, hängt die Kreuzabnahme von da Volterra. Hier zeigt er, dass er es versteht ein Bild zu komponieren. Alle Linien, durch Arme und Beine gebildet weisen auf den toten Christus hin. Doch hier wird eine Figurengruppe aus dem Geschehen heraus und hervorgehoben. Die drei entsetzt klagenden und weinenden Frauen kümmern sich gar nicht um das Geschehen hinter ihnen. Sie beugen sich über die ohnmächtige Maria.

Vielleicht wollte Daniele Ricciarelli sich selbst so sehen, wie den Johannes in der Rovere-Kapelle. Einer der außen steht und das Geschehen nur kommentiert. Das Schicksal hat ihm einen anderen Platz zugewiesen. Die Nachwelt verbindet mit ihm nur die prüden Tüchlein in der Sixtinischen Kapelle, leider nicht die schönen, intelligenten Fresken oberhalb der Spanischen Treppe.

Quellen: Francesca Romei in Roma Sacra, 6. Itenerario, 1996, ArtsLife über Daniele da Volterra

Daniele da Volterra: Maria Himmelfahrt
Maria Himmelfahrt, Detail
Kreuzabnahme, Detail

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