
Fresko von Perin del Vaga
Nicht jede der fast 1000 Kirchen Roms hat eine prächtige, unübersehbare Fassade. Mancher wird wahrscheinlich an der Kirche Santo Stefano del Cacco vorbei laufen ohne sie überhaupt als Kirche wahrzunehmen. Der Eingang der Kirche ist in die schmucklose Fassade des Klosters der Silvestriner eingebaut, die 1563 die Anlage von Pius IV. bekamen und die Kirche in der Folge barock ausstatteten.
Aus der Zeit vor dem Umbau stammt noch das wertvollste Kunstwerk, ein Fresko von Perin del Vaga von 1519, das eine Pietà, Maria mit dem toten Christus auf dem Schoß, darstellt. Ihr zur Seite stehen Maria Magdalena und der Apostel Johannes. Hinter der Gruppe steht Josef von Arimathäa, der das für ihn selbst bestimmte Felsengrab für die Bestattung Jesu zur Verfügung stellte. Er ist der Einzige, der den Betrachter anschaut und somit in das Geschehen einbindet. Er präsentiert die Dornenkrone und die drei Nägel, mit denen Jesus ans Kreuz geschlagen wurde.

Perin del Vaga, eigentlich Piero di Giovanni Bonaccorsi, war gerade 18 Jahre alt, als er es malte, und er ließ sich dabei von Michelangelo beeinflussen. Del Vaga wurde jedoch ein Schüler Raffaels, mit dem er in den Stanzen des Vatikans arbeitete. Nach Raffaels Tod kehrte er in seine Geburtsstadt Florenz zurück. Erst fast 20 Jahre später kam er wieder nach Rom, wo er sein größtes eigenständiges Werk, die Ausmalung der Sala Paolina und der Sala del Apollo in der Engelsburg schuf. Perin del Vaga starb bereits mit 46 Jahren an Tuberkulose.

Wie der Heilige Stefan zum dummen Affen kam
Die Geschichte der Kirche reicht aber viel weiter zurück. Sie wurde wohl im 8. Jhd. unter Papst Hadrian I. errichtet. Dabei wurden die noch heute erhaltenen antiken Säulen aus Cipollino-Marmor wiederverwendet. Im 9. Jhd. wurde die Apsis mit Mosaiken, ähnlich derer in Santa Cecilia in Trastevere ausgestattet, die durch die Barockisierung zerstört wurden. Der kleine romanische Kirchturm blieb erhalten. Ist aber zwischen den Nachbarhäusern fast vollständig verschwunden.

Es ist eine bemerkenswerte Geschichte, wie die Kirche zu ihrem Namen kam. Ursprünglich heißt sie Santo Stefano de Pinea nach dem Stadtteil Pigna, der seinen Namen wiederum vom antiken bronzenen Pinienzapfen hat, der hier gefunden wurde und heute im Vatikanischen Museum zu sehen ist. Irgendwann wurde am Eingang der Kirche eine eigenartige Skulptur aufgestellt. Sie stellt einen Pavian, das heilige Tier des ägyptischen Gottes Thoth, dar. Die Statue wurde, wie ihre Inschrift erzählt 159 n.Chr. im Tempel des Osiris aufgestellt. Die mittelalterlichen Römer tauften ihn jedoch wegen seines dümmlichen Gesichtsausdrucks „Macacco“, also dummer Affe, oder im Dialekt kurz „Cacco“. Der Ausdruck ging schließlich auf die Kirche über und haftete auch hartnäckig an ihr, obwohl der Pavian, inzwischen kopflos, längst in die Vatikanischen Museen umgezogen ist. Dort steht er heute in der ägyptischen Abteilung.
Von Osiris bis Stefan
Es ist nicht verwunderlich, dass in der Umgebung der Kirche viele ägyptische Kunstwerke gefunden wurden, denn hier erstreckte sich in der Antike das riesige Iseum Campense, ein Tempel für die Götter Isis und Osiris, die vom Nil an den Tiber gekommen waren. Dieser Tempel nahm das ganze Stadtviertel ein. Die Kirche Santo Stefano wurde an der Stelle des Heiligtums für Osiris erbaut. Wohl zu einer Zeit, als noch viel von dem Tempel zu sehen war. Vielleicht war auch der Gott nicht ganz vergessen, der von seinem Bruder und Widersacher Seth zerstückelt wurde und von seiner Schwester und Ehefrau Isis wieder zum Leben erweckt wurde. Ist es ein Zufall, dass der Heilige Stefan seinen Platz einnahm, der ebenfalls einen schrecklichen Tod, durch Steinigung, erlitt. Des Martyriums des Osiris gedachte man im Dezember, Stefan starb laut der Überlieferung am 26. Dezember. Die Gläubigen mussten sich also nicht groß umstellen.
Quellen: Roma Segreta, Der Cacco in den Vatikanischen Museen, Textlog zu Perin del Vaga





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