
Donato Bramante, der große Renaissancebaumeister, kam kurz vor dem Heiligen Jahr 1500 von Mailand nach Rom. Allerdings musste erst einmal kleine Brötchen backen. Er bekam kleine Verschönerungsaufgaben in der Lateranskirche als ersten Auftrag. Unter anderem malte er ein Wappen des Papstes Alexander VI.

Die Auftragslage verbesserte sich mit der Bekanntschaft zu Kardinal Oliviero Carafa, für den er einen Kreuzgang an die kleine Kirche Santa Maria della Pace anbaute. Ein Meisterwerk der Harmonie der Hochrenaissance. Carafa war auch Erzbischof von Neapel, dass damals zu Spanien gehörte. Vielleicht vermittelte er Bramante einen wichtigen Auftrag. Das spanische Königspaar Ferdinand und Isabella stifteten eine Kapelle im Klosterhof der immer mit dem Spanischen Königshaus verbundenen Kirche San Pietro in Montorio am Gianicolo über Trastevere.
Es war gewissermaßen ein Akt des Danks an den Papst, ebenfalls ein Spanier, Rodrigo Borgia. Dieser hatte Ihnen soeben den Besitz des neuentdeckten Kontinents Amerika garantiert. Die Kapelle steht über der angeblichen Stelle des Kreuzes an dem Petrus gestorben sein soll. Allerdings wohl eine mittelalterliche Fehlinterpretierung. Wenn, dann wurde Petrus im Circus des Nero, neben dem Petersdom, hingerichtet. Trotzdem kann man in der Krypta des Tempietto des Bramante, wie die Kapelle allgemein heute genannt wird, das Loch, in dem das Kreuz gestanden sein soll, bewundern.

Der kleine Rundtempel
Der Tempietto glich einem Paukenschlag, einer Revolution und beendete das Mittelalter in der römischen Kunst mit einem Schlag. Bramante hatte Vitruv gut studiert. Der Architekturtheoretiker aus der Zeit Julius Cäsars. Von ihm und der Anschauung der Ruinen vor Ort kam er auf die ideale Form für den Gedächtnisbau. Einen Tholos, einen kleinen Rundtempel. Und da für Vitruv 16 die ideale Zahl war umgab Bramante den Tempel mit 16 antiken Säulen, streng nach der toskanischen Ordnung. Der Fries darüber zeigt zwischen antikisierenden Metopen christliche liturgische Geräte.

Im zweiten Stock löste sich Bramante jedoch von der Antike und schuf einen Baukörper, der zum Prototyp der Architektur wurde. Gerahmt von einer Balustrade wächst der Tambur empor, abwechselnd mit eckigen und abgerundeten Nischen gegliedert. Und als Abschluss die schlichte halbrunde Kuppel, die die Idee Bramantes für die Kuppel des Petersdoms vorausnahm. Alles in einer ruhigen Harmonie, die so selbstverständlich wirkt, als könnte kein anderer Bau hier stehen.
Lediglich die 1604 erneuerte und mit dem überladenen Wappen des spanischen Königs Philipp III. versehene Laterne stört die Harmonie ein wenig.

Innenraum
Im Inneren treffen wir auf einen schlichten Raum mit dem Petrusaltar und den vier Evangelisten in den Nischen. Der Boden im Cosmatenstil erinnert noch an das Mittelalter. In der Mitte des Raums sehen wir durch eine runde Öffnung hinunter in die Krypta mit einem weiteren Loch, unter dem der Standpunkt des Kreuzes von Petrus gestanden haben soll. Dadurch bildet sich quasi eine imaginäre Achse, die den Tempietto zusammenhält.

Zudem plante Bramante einen neuen, dem Tempietto angepassten Hof, der nie verwirklicht wurde. Vielleicht hat aber der bestehende Zustand viel mehr Spannung. Er illustriert den Sieg der Vernunft des Renaissancemenschen über die mittelalterlichen Mysterien.

Nachwirkung
Bereits 1506 konnte Bramante die Idee des Kuppelbaus ins Monumentale vergrößern. Er bekam von Papst Julius II. den Auftrag den Neubau des Petersdoms zu entwerfen. Der Tempietto des Bramante beeinflusste Künstler und Architekten der nachfolgenden Generationen bis heute. So malte ihn Raffael als Hintergrund in sein Bild der Vermählung Mariä, s.u. Eine recht genaue Darstellung als Intarsienarbeit findet man in der Sakristei in Sant’Anna dei Lombardi in Neapel.
Quellen: Giorgio Vasari, Bramante da Urbini, arte.it zu Raffaels Rezeption, Academia reale di Spagna







Hinterlasse einen Kommentar